Stefan Thiel – Malerei

Dass der Künstler sich nun seit einiger Zeit zudem mit der fotorealistischen Porträtmalerei beschäftigt, ist neu und belegt einmal mehr sein Interesse, in dem jeweiligen Medium eine eigene Handschrift und künstlerische Autonomie zu entwickeln. Das Feld der Malerei ist besetzt durch eine jahrtausendalte Tradition und seine Zeugnisse, die als Richtschnur bewusst oder unbewusst im Raum schwingt und zur Beurteilung herangezogen wird. Kann sich der Künstler dem schwerlastenden Kanon der Porträtmalerei stellen, bzw. sich in ihr mit einer eigenen malerischen Sprache positionieren?

Interessant hierbei ist, und das mag die Frage im Ansatz beantworten, dass er in dieser neuen Werkgruppe die Herkunft seiner Malerei nicht verleugnet, sondern durch die Farbwahl in Schwarzweiß-Abmischungen diese thematisiert und gezielt mit einem entrückenden diskreten Farbraum des Hintergrundes kontrastiert. So wie die Fotografie als Fundament seiner Papierschnitte dient, so ist die inzenierte Fotografie auch die Grundlage seiner neuen hyperrealistischen Malerei. Sie stellt sich sehr präsent vor und ist zugleich von einer großen kontemplativen Stille, einem In-sich-gesunken-Sein der dargestellten Protagonisten, obwohl der Blick des Modells dem Betrachter in dem hier gezeigten, noch farbnassen Porträt von Roy begegnet.

Stefan Thiel gelingt es, sich kontinuierlich in seinem künstlerischen Schaffen neue Werkgruppen zu erschließen und dort eine große handwerkliche Meisterschaft zu entwickeln, die seinem hohen Anspruch von technischer Perfektion und inhaltlicher Herausforderung und Relevanz gerecht wird. Kunst ist Haltung und Können. Diese Autorität besitzt Stefan Thiel ohne Zweifel. Wir dürfen gespannt sein, was noch kommen wird!
Die neue Werkserie „Deutsche Landschaften“ (Beginn 2017) arbeitet mit einem alten Sujet, ohne alt auszusehen. Die Wahl der Farben Schwarz und Weiß und deren Abmischungen (und das Einbeziehen der Leinwandfarbe) wird als künstlerisches Mittel eingesetzt, um zum einen die Gefahr des Abgleitens in eine kitschige Landschaftsmalerei zu verhindern (in der nur noch der röhrende Hirsch fehlt) und zum anderen eine ‚Musik zu erzeugen‘, die den Betrachter in die Richtung schubsen könnte, sich zu fragen, was hier so anders ist. Gegebenenfalls spürt man die ‚beleirne Schwere‘, die auf das verweist, was vergraben – sowohl in der idylischen Natur , aber auch im übertragenen Sinne – liegt (vgl. die Ausstellung Deutsche Landschaften von 2023).

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