Drift – von Marc von der Hocht
27. August – 1. Oktober 2022

 

Malerei, Collage, Lichtobjekt

Pressetext

Press release

Nach einer langen Pause – Marc von der Hocht hatte mit Artefact Affairs seine letzte Einzelausstellung 2018 in der Galerie – stellt der Künstler neue Werke vor, die er erst jüngst nach schwerer Krankheit beginnen konnte.

Die lange Pause, vor allem im bildnerisch-künstlerischen Schaffen, hat mich plötzlich sein bereits beachtliches Werkvolumen als sehr limitiert begreifen lassen, konnte doch ich in den vergangenen Jahren in der Kommunikation und dem coronageschuldeten beschränkten Ausstellungsbetrieb nur auf das geschaffene Volumen bis einschließlich 2018 zurückgreifen. Kein neues Werk war in Sicht. Es fehlen schlichtweg drei Jahre in seiner Malerei, seinen Collagen und seinen (Raum-)Assemblagen. Es war nicht einmal klar, ob er als bildender Künstler weitermachen würde.

Der Titel seiner Ausstellung ist Programm: Drift
drift – steht u.a. für treiben, treiben lassen, im übertragenen Sinne: geschehen lassen. Das Wort könnte für eine Haltung stehen, die beobachtend und experimentierend eine Offenheit impliziert, die den Impulsen der Kreativität Raum lässt, ohne sie unbedingt zielorientiert zu richten, in eine neue Richtung zu drängen. Geschehen lassen und dort ansetzen, wo der Künstler 2018 aufgehört hat. Sich orientieren, selbstvergewissern, erst einmal wieder anfangen mit dem bereits vorhandenen Wissen und den Erfahrungen. Und die sind – das lässt sich in seinem Werk seit spätestens 2012 genau beobachten – mannigfaltig. Sie gründen auf der Sensibilität in der Erfahrung der uns umgebenden (Berliner Stadt-)Realität und deren künstlerischer Umsetzung in Malerei, Collage, Objekten/Skulpturen und Lichtobjekten.
Die Geschwindigkeit einer Stadt, das Verschmelzen von Stadträumen, sie definierende Details wie Häuserfassaden, vorbeirauschende Autos, Leuchtreklamen, Verkehrsschilder etc. im Spannungsfeld von scharfkantigen Linien und flirrender Unschärfe hinterlassen bei Marc von der Hocht täglich als begeisterter, die Stadt durchmessenden, Radfahrer, vorbeihuschende Farb- und Linienräume als Impression. Diese wird begleitet und verstärkt durch die visuelle und akustische Gegenwart der analogen wie digitalen Hochglanzkommunikation, die unsere Welt u.a. im (glatten) Design stakkatoartig kommuniziert. Auch die lebendige und farbenfrohe Clubkultur mit ihrem Beat und Sound hat ebenfalls ihre Spuren hinterlassen. Die Ausstellungen Abol Tabol (2013), Corpus Delicti (2014), Akasha(2015), LOCKHEED (2017) und Artefact Affairs (2018) zeugen davon. Sie haben eine Souveränität in seiner abstrakten Malerei bedingt, die einmal gesehen in Erinnerung bleibt. Marc von der Hocht ist ein Farbmeister geworden, der mit Gespür und Intelligenz in einem Bild unzählige scheinbar konstruktive Farbräume schafft, sie miteinander in Beziehung treten lässt, gegeneinander und miteinander, ohne das Große und Ganze aus den Augen zu verlieren, was sich allerdings erst im Schaffensprozess selbst auf den Punkt bringen lässt. Jeder Farbraum, mal präzise gefasst, mal flirrend in andere übergehend, durch energetische, an Maschinendetails erinnernde archetypische Konstrukte begrenzt, an sie andockt, sie unterwandert oder überblendet, all diese bildnerischen Details evozieren bei der Setzung einen nächsten Arbeitsschritt, bis die Harmonie sich eingestellt hat, das Bild in seiner Ausgewogenheit ‚rund‘ ist. Geballte Energie, Farbdynamiken mit kleinen Explosionsfeuern und die großen Richtkräfte, die im Bildraum Blickrichtungen durch die tektonischen Rahmenwerke bündeln, ‚schweben‘ jetzt in einer Harmonie, in einem Grundzustand, der die Balance gefunden hat zwischen seinem Auseinanderbrechen und seiner statischen Ruhe. Die multiplen Farbräume lassen sich nicht definieren als ein Vorne und ein Hinten, auch wenn die Farbperspektive das suggerieren mag, zu uneindeutig werden die Farbraumbegrenzungen untereinander. Dennoch wird ein Bild voller Dynamik in die Weite des unendlichen Raums suggeriert.

Jüngst wurde der Künstler als ein würdiger Vertreter der jungen Malerei in Deutschland in dem opulenten Buch DISSONANCE von Marc Gisbourne und Christoph Tannert (bei DCV erschienen) und der daraus generierten zweiteiligen Ausstellung im Künstlerhaus Bethanien vorgestellt. Die Ausstellung, in dem seine große faszinierende Malerei Contura zu sehen ist, läuft noch bis zum 11. September.

Die Ausstellung Drift wird zeigen, wie scheinbar mühelos Marc von der Hocht da anknüpft, wo er 2018 aufgehört hat. Ähnlich wird bei seinen Bild- und Lichtobjekten sein, deren Materialisierung ich ebenfalls nur – allerdings vielversprechend – aus eigener Anschauung bei meinem Atelierbesuch im Zustand des work in pogress im Juli erleben konnte.

Welcome back, lieber Marc!

Berlin im August 2022

  • Facebook
  • Instagram
  • Artsy
  • artatberlin
  • Artland