Dirk Rathke – Malerei und Faltung
Mit der neuen Ausstellung von Dirk Rathke bringe ich zum ersten Mal gleich drei Werkgruppen zusammen: Eine Deckenzeichnung, seine Malereien und die Faltungen.
Dirk Rathke war gerade in Houston, um in einer Privatwohnung eine Deckenarbeit zu realisieren. Das hatte er bereits zuvor in einer Mailänder Privatwohnung überzeugend getan: Dort wurde mit silberner Farbe die Decke partiell durch geometrisch gemalte Flächen mit den Wänden verschränkt und somit die Sammlung der Eigentümer von vorwiegend konkreter Kunst wunderbar umrahmt. Der Raum selbst ist ein Erlebnis und verändert sich mal subtil, mal kraftvoll im Verlauf eines Tages und über die Jahreszeiten, abhängig von Tageslicht und Sonnenstand!
Seine minimalistische Deckenzeichnung für Berlin im Galerieraum ergänzt überzeugend die titelgebende Ausstellung Malerei und Faltung. Ursprünglich als Beitrag für die Ausstellung Lieber Künstler zeichne mir! Part 1: Abstraktionausgeführt, ist sie noch immer präsent und hat so manche Ausstellung von Künstlerkolleginnen und -kollegen erlebt, ohne in Konkurrenz zu ihren Werken zu treten. Das etwas gedrehte und gekippte, den Grundriss des Raumes leicht versetzt begleitende Linien-Quadrat, gezeichnet mit einem mit Goldpigment versetzten Kreidestrich, darf gern die eine oder den anderen Wohnungseigentümer (oder auch -mieterin) verleiten, sich für die eigenen Räume inspirieren zu lassen. Dirk Rathke ist ein Meister von intelligenten und ästhetisch überzeugenden malerischen oder zeichnerischen Eingriffen, die den uns bekannten Raum in einen neuen und spannenderen verwandeln, unseren Sehhorizont erweitern.
Neben dieser komplexen Werkgruppe ist Rathke vor allem mit seinen skulpturalen, raumgreifenden Malereien bekannt geworden, in denen er das Verhältnis von Form und Farbe untersucht. Sie sind in einigen wichtigen Privatsammlungen und öffentlichen Sammlungen vertreten, wie z. B. in der Sammlung der Nationalgalerie oder in der Sammlung Marli Hoppe-Ritter im Ritter-Museum.
Seit bald zwei Jahren baut er eine neue Werkgruppe aus, die das Spannungsverhältnis von Form und Farbe untersucht, aber eine ganz andere Formensprache entwickelt und ein vollkommen gegensätzliches Material nutzt. Es sind die monochrom lackierten Faltungen von Stahlblechen. Es ist verblüffend, wie er beide Interessen (Form/Raum und Farbe) in verschiedene Medien übersetzt, eine eigene unverkennbare Sprache erschafft, die diese Charakteristika in einen Wohlklang vereinen. Nicht umsonst bieten sich die beiden Werkgruppen auch an, sie miteinander zu kombinieren und die eigenen Wände damit spannungsvoll zu gestalten.
Alle drei Werkgruppen erobern den Raum, sind Malerei und Bildhauerei zugleich und kommen nun in einem Raum zusammen. Es dürfte eine spannende Komposition, ein synergetischer Dialog werden!
Semjon H. N. Semjon im April 2017